„ILLUSIONEN DES FEUERS“

„DAS FEUER, DIE KUNST UND DIE ERKENNTNIS" 

 

Der Künstler Thomas Girbl „spielt“ mit dem Feuer. Die Umwelt wird „umgestaltet“, der vermeintlich göttliche Funke sichtbar und berührbar und Veränderung beim Betrachter garantiert.

Was macht den Menschen aus, was ist der wesentliche Unterschied zum Tier? Es gibt Theorien, die meinen, dass es der Umgang mit dem Feuer war, der uns den Schritt vom instinktgesteuerten Primaten zum zivilisierten sozialen Wesen machen ließ. Umgang mit dem Feuer heißt, es zu bewachen, zu nähren, zu kontrollieren: dem formlosen Element einen Rahmen zu geben, in dem es für uns wirksam sein kann.

Das Feuer als Lebensprozess mit dem gleichzeitig ihm innewohnenden Vernichtungspotential ist ein immerwährendes Faszinosum. Nicht umsonst nennen wir unsere Stoffwechselvorgänge Verbrennung mit ihrem Stillstand sind wir erloschen.

Medium des Schöpfungsaktes

Ein Künstler wie Thomas Girbl, den das Feuer nicht zum Objekt seiner Darstellung, sondern zum Medium des Schöpfungsaktes macht, will uns mit seinen Werken unmittelbar an unser Existentielles heranführen, an den Kern unserer Lebendigkeit.Wenn er mit Sengen, Abbrennen, Verkrusten von Papier und Farben unsere Umwelt umgestaltet, so setzt er den in uns allen glimmernden (göttlichen?) Funken in sichtbare und berührbare Formen um.

Beginnend mit einer Ausbildung als Graveur, die er nach Ausbildungen in Graz und Köln mit der Meisterprüfung in Innsbruck abgeschlossen hat, zeigte sich sein breites Interesse durch weiterführende Studien in Wien und Prag. Eine Reise nach Australien, um dort Naturstudien zu betreiben, führte zu prägenden Eindrücken die ihn zu vertiefter Auseinandersetzung mit der bei Buschbränden erlebten Urgewalt des Feuers trieben.

Der Pinsel wurde zur Flamme, das Pigment zur Glut, das Papier wurde aus der Fläche zum raumgreifenden und – umfassenden Element. Die Ergebnisse sind gewollte, aber wie zufällig erscheinende oder durch Licht- und Farbflecke psychedelisch-provokative Projektionsobjekte – so wie wir in Wolken und Schatten Sinn und Geschichte deuten.

Der Philosoph Eugen Maria Schulak, der die Eröffnung der Ausstellung mit dem Titel „Illusionen des Feuers“ im Kunstraum Dr. David begleitet hat, gesteht sowohl dem Künstler als auch seinem Publikum die Möglichkeit des Erlebens transzendenter Zustände in der Begegnung zu. „Nicht zufällig ist es ein Praktiker der Philosophie, der seine Aufgabe darin sieht, seinen Klienten Möglichkeiten zur Wahrnehmung neuer Gesichtspunkte und damit zur Überprüfung von Standpunkten zu vermitteln, der sich berufen fühlt, den BetrachterInnen das Werk Girbls in den Räumlichkeiten einer psychiatrischen Praxis nahe zu bringen“, kommentiert der Gastgeber, Prim. Dr. Harald J. David, Facharzt für Psychiatrie in Wien. „Wo sonst geht es mehr darum, Licht und Bewegung in vorher wenig zugängliche Bereiche des Seelenlebens zu bringen.“

Wenn schon Karl Valentin bemängelt, dass sich das Feuer so schlecht fotografieren lasse, weil es nicht ruhig halte, so wird auch den Menschen im Umfeld des Feuers und der Werke von Thomas Girbl eines klar: Dass man nicht zweimal dieselbe Flamme sehen kann, weil jeder solche Blick sowohl das Betrachtete als auch einen selbst verändert und seine Spuren hinterlässt, Bewegung und Veränderung finden unvermeidlich statt.

 

Prim. Dr. Harald P. David – Kunstraum Dr. David